Keine Gefühle und keine Energie mehr – das Telefonklingeln löst schon Angstzustände aus:
„Hilfe, jemand will etwas von mir!“ Psychische Gesundheit ist eine wesentliche Voraussetzung für Lebensqualität. Dennoch sind psychische Probleme in der Gesellschaft oft noch ein Tabuthema. Wir haben mit einer Unternehmerin, einer Ärztin und einer Olympiasiegerin darüber gesprochen, wie sie mit Druck und Stresssituationen im Alltag am besten umgehen.
Unternehmerin
Katarzyna Greco arbeitet seit über zehn Jahren als Unternehmensberater in und Life-Coach. Sie ist Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Wien, EPU-Sprecherin und seit 2020 Mitglied des Wiener Landtags und Gemeinderats. Zudem ist die 51-Jährige auch noch Mama von zwei Söhnen (17 und 20 Jahre alt), von denen der Jüngere als Leistungssportler aktiv ist.
Als Unternehmensberaterin, Mutter und Vizepräsidentin der Wiener Wirtschaftskammer ist Ihr Kalender stets gut gefüllt. Wie gelingt es, keinen Termin zu verpassen?
Katarzyna GrecoMit einem streng strukturierten „Stundenplan“ und einer großen Portion Leidenschaft. Es sind drei sehr fordernde Arbeitsbereiche, wenn man versucht, sowohl das Unternehmen als auch bewusstes, aktives Muttersein inklusive der Betreuung eines Leistungssportlers sowie als Vizepräsidentin die aktive Betreuung der Mitgliedsbetriebe unter einen Hut zu bringen. Gerade die letzten beiden Coronajahre, waren nur mit Leidenschaft und sehr viel Selbstdisziplin gut zu schaffen. Im Hintergrund ist eine ganz strenge Eigenregie notwendig.
Der Anteil der Versicherten mit Krank-schreibungen wegen Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit ist laut Studien in den vergangenen Jahren dramatisch gestiegen. Wie kann man dieser Entwicklung entgegensteuern?
Katarzyna GrecoMehrfachbelastungen sind in der Pandemie noch sichtbarer geworden, besonders bei Frauen. Es ist keine Schande Probleme offen anzusprechen. Hilfestellungen sollten angenommen werden. Besonders Frauen tendieren oft dazu, alles selbst versuchen zu wollen. Es gibt viele großartige Väter und Lebenspartner, die unterstützend einwirken können. Dort, wo es noch nicht der Fall ist, darf die Frau ruhig auch den Mut haben, dies anzusprechen und aktiver einzufordern.
Gibt es ein Erfolgsrezept gegen Stress?
Katarzyna GrecoWir müssen weg von dem Gedanken der Work-Life-Balance hin zum Gedanken des „Gummiringerlprinzips“, indem wir anerkennen, dass wir nicht jeden Tag 50 Prozent Familie/Privatleben und 50 Prozent Arbeit leisten können. Die Dehnbarkeit unseres Tuns ist sehr strapazierfähig, kann aber auch leicht überspannt und gereizt werden, und daher müssen wir auf die Ausgewogenheit achten. Es gibt Phasen, in denen wir in der Arbeit so gefordert sind, dass wir uns darauf mehr konzentrieren müssen, und umgekehrt Phasen, in denen uns unsere Familie mehr braucht. Da ist es ganz egal, ob es um die Kinder, zu pflegende Angehörige oder Freunde geht. In diesem Fall ist die Wichtigkeit eines Netzwerkes hervorzuheben und der Mut, es auch zuzugeben, wenn wir Unterstützung benötigen. Niemand kann mit genau der gleichen Leistung rund um die Uhr an allen Enden und Fronten agieren. Das ist illusorisch und da passieren dann auch Fehler.
Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht positives Feedback für die Mitarbeiter:innen?
Katarzyna GrecoGanz egal, ob man sich gerade in einer Krise befindet: Ein positives und konstruktives Feedback ist essentiell und gehört zur Hauptaufgabe eines guten Führungsstils. Denn wenn die Mitarbeiter:innen wissen, wie sie dran sind, können sie bessere Leistungen erbringen. Sehr oft ist ein positives Wort mehr wert als alles andere und fördert somit Topleistungen und den Zusammenhalt im Team. Wertschätzung, Vertrauen und Respekt sind die drei Stichworte, die relevanter denn je sind, um in so herausfordernden Zeiten wie diesen optimistisch in die Zukunft zu blicken.
Es ist kein Zeichen der Schwäche, Probleme offen anzusprechen.
Katarzyna Greco
Unternehmensberaterin und Life-Coach