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Lila ist das neue Grün

Lila ist das neue Grün

Lavendel im Tee, als Sirup oder im Kräutersalz. Bisher kamen die aromatischen lila Blüten dafür meist aus Frankreich, Spanien oder Bulgarien. Dank eines Pilotprojekts im Lebensmittel-Cluster der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria wächst der Mühlviertler Granit-Lavendel nun auch in den Bezirken Rohrbach, Urfahr-Umgebung und Freistadt.

Ja, es klingt verrückt: Lavendel – eine mediterrane Pflanze, die vor allem aus der Provence bekannt ist – im rauen Klima des Mühlviertels anbauen. Und ja, es funktioniert. Das hat das Pilotprojekt „Mühlviertler Granit-Lavendel“ gezeigt. Die Österreichische Bergkräutergenossenschaft aus Hirschbach im Mühlkreis, das Biokompetenzzentrum Schlägl, der Maschinenbauer Johannes Mittermair aus Vorderweißenbach und sechs Landwirte der Bergkräutergenossenschaft aus dem Mühlviertel haben nun drei Jahre lang erfolgreich an den geeigneten Sorten und Anbaumethoden, Ernte- und Verarbeitungsmethoden sowie Produkten getüftelt.

Lavendel und Regionalität im Trend

Denn Lavendel liegt als Heil- und Gewürzpflanze im Trend, ebenso wie Regionalität bei Lebensmitteln. Und die heimischen Landwirte müssen sich zumindest langfristig dem Klimawandel anpassen und dafür geeignete Alternativen im Anbau finden. Die Bergkräutergenossenschaft aus Hirschbach im Mühlkreis bietet Bio-Produkte wie Tee oder Gewürzmischungen mit Lavendel an und setzt auf regionale Rohstoffe. Sie wollte auch unabhängiger von den Importen werden, wie Geschäftsführer Andreas Kirchner erklärt: „In Frankreich, Bulgarien und Spanien haben die Produzenten wegen der Trockenheit mit Schädlingsbefall und Ernteausfällen zu kämpfen. Da unser Firmen-Credo auf Regionalität basiert, wollen wir auch exotische Rohstoffe wie Lavendel von lokalen Produzenten aus dem Mühlviertel beziehen. Damit unterstützen wir unsere Landwirte und fördern die Biodiversität im Mühlviertel.“

Erntetechnik weiterentwickelt

Maschinenbauer Johannes Mittermair entwickelte gemeinsam mit den Landwirten Prototypen als Ernteaufsatz für bestehende Erntemaschinen. „Wir haben Elektromotoren eingebaut, die Steuerung aufgebaut und das Montagesystem an den verschiedenen Schneidwerken verbessert“, sagt Mittermair. „Der Fokus lag auf einem möglichst modularen Aufbau, um den Aufsatz an die verschiedenen Erntehöhen, Breiten und Fahrspuren der bestehenden Erntemaschinen anzupassen.“ Für den Maschinenbauer hat sich das Mitwirken am Projekt auf jeden Fall gelohnt. Er hat Know-how bei Erntemaschinen aufgebaut und ist schon wieder an weiteren Projekten der Bergkräutergenossenschaft beteiligt. „Im Sinne der Ressourcenschonung haben wir auf Basis eines 3D-Modells kein neues Gerät entwickelt, sondern bestehende Systeme erweitert. Das wird auch in Zukunft mein Hauptaugenmerk bleiben.“

Vom Sirup bis zum Lavendel-Speck

Die Bergkräutergenossenschaft hat ihre Expertise in der Produktentwicklung genutzt. Unter der Marke „Granit Lavendel“ wurden Rezepte entwickelt, Produkte hergestellt und verkostet. Die Besucher:innen der Biodrom Messe in Freistadt hatten bereits im Sommer des Vorjahres die Gelegenheit, mit allen Sinnen in die Mühlviertler Granit-Lavendel-Erlebniswelt einzutauchen. Besonderen Anklang fand der Granitlavendel-Sirup. Im Produktsortiment fanden sich auch Lavendelkekse und Lavendelschokolade. Die Bergkräutergenossenschaft selbst bietet u. a. Lavendel-Kräutertee, Lavendel-Gewürzmischungen oder Lavendelzucker an. Die neu gestaltete Verpackung unter der geschützten Marke „Granit Lavendel“ wird im Herbst in den Handel kommen.

Drei wetterfeste Sorten

Das Biokompetenzzentrum Schlägl (ein Kooperationsprojekt des Forschungsinstituts für biologischen Landbau FiBL Österreich und des Absolventenverbands der Bioschule Schlägl) begleitete die Anbauversuche bei den sechs Landwirt:innen auf wissenschaftlicher, fachlicher und praktischer Ebene. Dabei ging es zunächst darum, welche Sorten sich zum Anbau im Mühlviertel eignen und welche Anbaumethoden geeignet sind. „Wir haben sechs Sorten getestet. Da die Bergkräutergenossenschaft die getrockneten Blüten für Lebensmittel verwendet, haben sich schließlich drei echte Lavendelsorten als am geeignetsten herausgestellt, erklärt Julia Hochreiter vom Biokompetenzzentrum. „Diese drei überstanden die Kälte im Winter relativ problemlos, waren wuchsfreudig und entwickelten eine sehr einheitliche dunkellila Blütenfarbe.“ Der intensive Geruch und der intensive Geschmack dieser Sorten eignen sich außerdem gut für die Verwendung als Lebensmittel. Auch unterschiedliche Anbaumethoden standen im Zentrum des Pilotprojekts. Dabei haben sich mehrere getestete Methoden als geeignet erwiesen, je nach Bodenbeschaffenheit und Gebiet.

Enormes Interesse bei Landwirt:innen und Produzent:innen

Dass der Anbau des Mühlviertler Granit-Lavendels Zukunft hat und weiter verfolgt wird, davon ist Hochreiter überzeugt: „Sowohl bei der Bergkräutergenossenschaft als auch bei uns haben sich zahlreiche Landwirt:innen gemeldet, die ebenfalls Lavendel anbauen wollen. Beide haben wir im Pilotprojekt enormes Wissen aufgebaut, sodass wir den Lavendelproduzent:innen beim Anbau künftig beratend zur Seite stehen können.“ Auch die Erträge waren vielversprechend. „Das große Interesse am Projekt und die vielen Anfragen, wo man denn die Lavendelfelder besichtigen könne, sind aus unserer Sicht auch eine Chance für den Tourismus in der Region“, sagt Hochreiter.

Ambitionierte Ziele

Weitere Herausforderungen im Pilotprojekt waren das Trocknen und Aufbereiten der Lavendelblüten. Sowohl die Warmlufttrocknung mit Hackschnitzeltechnik als auch die Luftentfeuchtertechnik haben sich bewährt. Zweiteres ist sogar energieschonender, da die Temperatur im Kreislauf gehalten wird. „Der aus der Trockenbox gesaugten Luft wird Wasser entzogen, die getrocknete Luft wird angewärmt und wieder eingeblasen. Die Rohware ist so in zehn bis 20 Stunden getrocknet, während sie bei der Warmlufttrocknung 20 bis 30 Stunden braucht“, erklärt Alois Resch, Anbauberater der Bergkräutergenossenschaft.

Etwas herausfordernder gestaltete sich die Aufbereitung der geernteten Lavendel-Rohware. Sie wurde mit zu vielen Stängeln geerntet, weshalb sich in den ersten Versuchen die bestehende Kräuteraufbereitungsanlage eines Landwirts und schließlich ein umgebauter Mähdrescher als ungeeignet erwiesen. Um die Blüten feinsäuberlich von den Stängeln zu trennen, entschied sich das Projektteam für eine andere, ebenfalls bereits bestehende Technik. Diese Technik und das Know-how dazu werden jedoch streng gehütet. Für Alois Resch steht fest: „Wir müssen künftig darauf achten, dass nur der Blühhorizont und so wenig Stängel wie möglich geerntet wird, damit wir so wenig wie möglich Ausschussware produzieren.“

Beitrag zur Biodiversität

Und noch ein Aspekt ist hervorzuheben: Lavendelfelder bringen mehr Vielfalt in den Ackerbau. Ihre Blüten sind eine Nahrungsquelle für Insekten. „Während der Blüte des Lavendels haben wir zahlreiche Wildbienen, Schmetterlinge, Hummeln, Zikaden und viele mehr beobachtet. Dieses Projekt kann somit auch als relevanter Beitrag für die Biodiversität betrachtet werden“, betont Hochreiter.

Mit dem Projekt „Mühlviertler Granit-Lavendel“ haben die Landwirt:innen der Bergkräutergenossenschaft wieder ihren Pioniergeist bewiesen. Obwohl Sie die Tradition ehren und zu 100 Prozent bio denken, scheuen Sie es nicht, neue Dinge auszuprobieren und neu zu denken. Weitere Projekte sind bereits in der Pipeline.

Da unser Firmen-Credo auf Regionalität basiert, wollen wir auch exotische Rohstoffe wie Lavendel lokal aus dem Mühlviertel beziehen. Damit unterstützen wir unsere Landwirt:innen und fördern die Biodiversität im Mühlviertel.

Andreas Kirchner, Geschäftsführer, Bergkräutergenossenschaft