×


Wir wollen dir schreiben ...

... und zwar pünktlich donnerstags.


Der Newsletter ist kostenfrei und kann jederzeit abbestellt werden.

Wasserkraft Steyrdurchbruch

Warum sich die Förderpolitik für Wasserkraftwerke aus Sicht der Industrie ändern muss

Es ist 110 Jahre alt, im Jugendstil gebaut und 2008 als oberösterreichisches Industriedenkmal ausgezeichnet worden: Das von der Energie AG betriebene Wasserkraftwerk Steyrdurchbruch. Im Rahmen einer WKOÖ-Medienfahrt der Sparte Industrie wurde nicht nur das Kraftwerk besichtigt, sondern auch über die Notwendigkeit von Investitionen in Wasserkraft und deren - aus Sicht der Industrie – verfehlte Förderungspolitik diskutiert.

Es sind vor allem die Pläne der neuen Regierung, die der Industrie etwas sauer aufstoßen. Die Regierung will den Anteil der Erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch bis 2030 auf 45 bis 50 Prozent anheben und den Stromverbrauch 2030 vollständig aus erneuerbaren Energiequellen im Inland decken.

Viel Strom durch Wasserkraft verpufft

Soweit, so gut. Die Stromdeckung aus Erneuerbaren Energien ist unterstützenswert, darin herrscht Konsens. Es sei jedoch die Frage angebracht, so Rübig, „ob der Anteil an Erneuerbaren Energien am gesamten Energieverbrauch mit vernünftigen Mitteln derart rasant angehoben werden kann.“ Die Eigenversorgung mit erneuerbarem Strom sei ohne straffe Verbrauchssenkung nicht erreichbar, würde die Kosten für den notwendigen Umbau der Energieinfrastruktur unnötig erhöhen sowie den Produktionsstandort und damit wertvolle Arbeitsplätze gefährden, heißt es von Seiten der Industrie. „Zudem wird der vorrangige Ausbau von Sonne und Wind durch die ungleichmäßige und schwer prognostizierbare Verfügbarkeit das Netz zunehmend destabilisieren. Damit wird ein System importiert, das in Deutschland bereits seit Jahren an seine wirtschaftlichen und technischen Grenzen stößt“, mahnt Rübig. Das große Problem, sei die falsche Förderungspolitik. Um die Versorgungssicherheit bei zunehmender volatiler Erzeugung auch künftig zu erhalten, müssten große Energiemengen gespeichert und über mehrere Tage vorgehalten werden. Wasserkraftwerke seien dafür langfristig betrachtet die wirtschaftlichste Form der erneuerbaren Stromerzeugung. Neue Wasserkraftwerke seien allerdings im derzeitigen Marktumfeld ohne Förderung nur schwer darstellbar. „In Österreich und Deutschland geht es politisch in die falsche Richtung. Zurzeit werden Photovoltaik und Wind extrem gefördert, Wasserkraft faktisch nicht. Viel Strom durch Wasserkraft verpufft, weil man ihn nicht speichern kann“, so Rübig.

Schwankende Versorgungssicherheit

Dass man nur mit Wind und Photovoltaik bis 2030 eine vollständige Eigenversorgung mit Ökostrom erreicht, ist laut WKOÖ „äußerst unwahrscheinlich.“ Eben auch deshalb, weil die Versorgungssicherheit aus Wind und Sonne als äußerst schwankend gilt. Durch die Spitzen in den Sommermonaten mit viel Sonne und viel Wind komme es zu massiven Überschüssen und in der sonnenarmen Zeit im Winter käme es zu deutlichen Lücken. Nur Wasser sei in der Lage, konstant Strom zu erzeugen (siehe Interview). Daher sei die Wasserkraft die einzig ausbalancierte Möglichkeit, diese Ziele zu erreichen. Ohne ausreichende Förderungen seien aber Pumpspeicherkraftwerke oder Gas- und Dampf-Anlagen wirtschaftlich nicht realisierbar. So wie der Markt und die Förderungspolitik derzeit aufgestellt ist, gibt es keine Anreize, um in derartige Anlagen zu investieren, sagt Rübig. Die oberösterreichische Industrie fordert daher neue Fördermodelle und eine damit einhergehende Verwaltungsvereinfachung. Ein neues Ökostromgesetz mit marktabhängigen Fördermodellen auf Basis von einmaligen Investitionsförderungen könnten dabei unterstützen, bereits bestehende Anlagen effizienter zu machen und neue Kraftwerke zu bauen, so Rübig.

Pumpspeicherkraftwerke als beste Lösung

In dieselbe Kerbe schlägt auch die Energie AG. Speziell die Wasserkraft kann bei der Bewältigung des Maßnahmenpakets (Energie- und Klimastrategie) der Bundesregierung die tragende Basis sein, so der Technik-Vorstand der Energie AG Oberösterreich, Stefan Stallinger. Für die Energiewende sei grundsätzlich die Nutzung von allen erneuerbaren Energien, also auch Wind und Sonne, nötig. Österreich sei seit Beginn des Jahrtausends von einem Strom-Exporteur zu einem Strom-Importeur geworden, der seinen Strombedarf nicht mehr selbst decken könne. Neue umweltfreundliche Anlagen mit einer Stromerzeugung von 35 Terrawattstunden (etwa die Hälfte des aktuellen Jahresstromverbrauchs Österreichs) sollen bis 2030 errichtet werden. 8 Terrawattstunden sollen bei entsprechenden Rahmenbedingungen aus der Wasserkraft kommen. „Die ökologisch und wirtschaftlich beste Möglichkeit dafür sind Pumpspeicherkraftwerke“, so Stallinger. Die Energie AG habe aktuell mit dem Pumpspeicherkraftwerk in Ebensee ein genehmigtes Projekt in der Schublade, muss aber auf passende Rahmenbedingungen warten, um es zu realisieren. Das sei aber nur durch die richtigen Weichenstellungen durch den Gesetzgeber zu schaffen. Manche Regelungen arbeiten aktuell der Zielerreichung entgegen, sagt Stallinger, und nennt als Beispiel den Widerspruch für die Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie in Österreich. Diese sehe unter anderem Rückbauten bei den Wehranlagen und die Errichtung neuer Fischwanderhilfen vor. Derartige Maßnahmen hätten österreichweit bereits Kosten in Höhe von 190 Millionen Euro verursacht. Diese Kosten könnten noch auf bis zu 400 Millionen steigen und gleichzeitig eine Verringerung der Wasserkraftproduktion um bis zu 1.800 GWh (500.000 Haushalte) nach sich ziehen, heißt es von Seite der Energie AG. Stallinger präzisiert: „Auf die Wasserkraftwerke der Energie AG haben die Gesetzesvorgaben erhebliche Auswirkungen. Alleine die bisher gesetzten Maßnahmen haben 14 Millionen Euro gekostet und verringern die saubere Stromproduktion aus Wasserkraft um 10 GWh. Die weiteren erforderlichen Maßnahmen können eine Produktionsverringerung von bis zu 40 GWh (12.000 Haushalte) bedeuten.“

WKOÖ-Spartenobmann Günter Rübig über die Bedeutung der Wasserkraft als sicherer Versorger, über die verfehlte österreichische Förderungspolitik und wie die oberösterreichischen Industriebetriebe damit umgehen.

Warum ist gerade die Wasserkraft ein so wertvoller Beitrag für die Versorgungssicherheit?

Rübig_Die Wasserkraft bringt das gesamte Jahr Ökostrom, die anderen erneuerbaren Energien wie Photovoltaik oder Wind bringen im Sommer Überschüsse, im Winter hinterlassen sie jedoch Erzeugungslücken. Also müssten wir mit Pumpspeicherkraftwerken zwischenspeichern. Zurzeit werden Photovoltaik und Wind extrem gefördert, Wasserkraft faktisch nicht. Förderungspolitisch geht es in Österreich und Deutschland in die falsche Richtung. Unsere Botschaft ist: Es macht keinen Sinnen, Wasserkraft fördertechnisch zu reduzieren. Leider geht es aber in diese Richtung. Die Versorgungssicherheit kann man aber nur garantieren, wenn man die Erneuerbaren Energien auch speichern kann.

Wie gehen die oberösterreichischen Industriebetriebe damit um?

Rübig_Zurzeit geht es gerade noch. Unsere Bedenken gehen aber dahin, dass diese Thematik irgendwann – wenn es weiter in die eingeschlagene Richtung geht – nicht mehr in den Griff zu bekommen ist. Irgendwann wird alles ausgeschaltet sein, weil man den produzierten Strom für den jeweiligen Zeitpunkt, zu dem ich ihn brauche, nicht speichern kann. Und dann stellt sich die Frage: Warum kriegt ein Speicherkraftwerk, die diese Probleme lösen kann, nicht auch eine entsprechende Förderung, wie die Photovoltaik und Wind?

Die Botschaft der WKOÖ ist ja zudem eine Verwaltungsvereinfachung. Worum geht es da genau?

Rübig_Es geht darum, dass viele Firmen Wasserrechte haben, die quasi bei der Sickergrube anfangen. Diese Rechte braucht eine Firma, sind aber befristet. Wenn eine Wassergenehmigung ausläuft, muss man neu ansuchen und dann kommt der gesamte Verwaltungsaufwand von Auflagen, was alles neu gemacht werden muss, zusätzlich hinzu, vom Fischaufstieg bei einem Wasserkraftwerk angefangen. Das ist kontraproduktiv und muss vereinfacht werden.

Wasserkraftwerk Steyrdurchbruch

  • Steyrdruchbruch ist ein Laufkraftwerk, dass 1908 erbaut und vom Architekt Mauriz Balzarek im Jugendstil entworfen wurde. Balzarek war ein Schüler Otto Wagners, dem bedeutendsten österreichischen Architekt Wiens in der Belle Epoque.
  • Es produziert jährlich 20 GWh und versorgt so rund 5.700 Haushalte in den umliegenden Gemeinden wie Molln, Sierning, Kirchdorf und Klaus.
  • Die Anlage wird von drei Francis- und einer Kaplanturbine angetrieben und läuft vollautomatisch.
  • Es können 40 Kubikmeter Wasser pro Sekunde durch die Maschinen verarbeitet werden (Ausbauwassermenge). Der Jahresdurchschnitt der Steyr sind 20 Kubikmeter. Bei idealer Wasserführung können 4.000 kW maximale Leistung erzielt werden. Es erzeugt 20 GWh Strom im Jahr.