Eine Reise in den menschlichen Körper à la Hollywood ermöglicht „Cinematic Rendering“, eine neu entwickelte Software von Siemens Healthcare. Wie der Körper von innen aussieht mit all seinen Knochen, Gefäßen und Organen kann dadurch fotorealistisch und mit noch nie dagewesener Präzision dargestellt werden. Ungeahnte Möglichkeiten werden durch diese dreidimensionale Visualisierung für Patienten und Mediziner erschlossen. Franz Fellner, Vorstand des Zentralen Radiologie-Instituts am Kepler Universitätsklinikum, nutzt die Prototyp-Software bereits für Studenten. Seit September 2016 werden sogar erste Vorlesungen für Medizinstudenten mit Cinematic Rendering im Deep Space 8K des Ars Electronica Centers abgehalten. „Mit großem Erfolg“, betont Fellner und verweist auf die komplexen Strukturen, die mit Cinematic Rendering sehr präzise dargestellt werden können. In spätestens zwei Jahren, erwartet der Radiologe, sei der Zulassungsprozess dieser Software erledigt und könne von Spitälern und Ärzten eingesetzt werden. „Durch die Symbiose von Medizin und Technik konnte die Diagnose massiv verbessert werden“, betont Fellner. „Ebenso gibt es deutliche Fortschritte in der Operationstechnik sowie auf Intensivstationen.“ Zukünftige OPs könnten möglicherweise mithilfe einer HoloLens durchgeführt werden. Dabei werde Cinematic Rendering in die Brille eingespeist und könne dadurch zu deutlich verbesserten Ergebnissen führen. Ob die Technik jedoch eines Tages den Menschen ersetzen könne, bezweifelt er. „Patienten suchen das Gespräch mit dem Arzt.“ Die Technik liefere großartige Leistungen. „An erster Stelle steht jedoch immer der Mensch, in diesem Fall der Arzt, der die primäre Diagnostik stellt und sich nach dem Wohlbefinden des Patienten erkundigt“, sagt Fellner.
Cinematic Rendering ist jedoch nur eine von 50 revolutionären Ideen, die seit 2002 in der MedTech-Branche Furore machte. Ein weiteres Projekt, das in Kooperation mit dem Medizintechnik-Cluster der oberösterreichischen Wirtschaftsagentur Business Upper Austria umgesetzt wurde, ist das Notrufsystem „careCLICK“ der Firma X-Net Services. Es funktioniert ohne Stromanschluss, Batterien oder Akkus, da die erforderliche Signalenergie nur durch die Betätigung eines Schalters erzeugt wird. Careclick bietet in Notfallsituationen wie Stürzen oder Kreislaufbeschwerden rasche erste Hilfe in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern oder auch bei Privatpersonen. Wird ein Schalter betätigt, so können Benachrichtigungen per E-Mail, Telefon oder SMS an hinterlegte Nummern gesendet werden. Jeder ausgelöste Alarm ist dabei eindeutig einem Raum in der jeweiligen Einrichtung zuordenbar. Die Montage des Notrufsystems, das ab 600 Euro erstanden werden kann, erfordert keine baulichen Veränderungen an Bestandsgebäuden und ist einfach handzuhaben. „Dieses Produkt zeigt, wie wichtig innovative Ideen unserer Klein- und Mittelunternehmen für die Verbesserung des täglichen Lebens sind“, äußert sich Nora Mack, Managerin des Medizintechnik-Clusters.
Medizin to go
Fühlen Sie sich energielos? Haben Sie Stress in der Arbeit? Zu wenig Motivation? Dann könnte die Diary App Abhilfe schaffen. Diese kann der persönliche Coach für die Mitarbeiter eines Unternehmens sein und deren Motivation, Leistung sowie Zufriedenheit erhöhen. Wie ein Personal Trainer gibt die App konkrete Tipps, Anleitungen und Übungen in den Bereichen Bewegung und Sport, Schlaf und Erholung. Sie kümmert sich zudem um Ernährung, den Energiehaushalt und hilft dabei, Potentiale optimal zu entfalten. Gemeinsam mit dem Caritas-Seniorenhaus Schloss Hall entwickelten die Unternehmen „Autonom Talent“ und „Netural Group“ diesen nicht greifbaren, aber doch stets präsenten Coach, der sich auf die individuellen Bedürfnisse der User gezielt einstellen lässt. Basis dieser App ist die „Autonom Talent-3-Schritt-Methode“, die sich auf die Messung von Potentialen, Entwicklung von Talenten und Sicherung von Leistung stützt.
Die Verbindung von Technik und Medizin sei ein essenzieller Bestandteil des klinischen Alltags, sagt Nora Mack, Cluster-Managerin Medizintechnik. Wie finden jedoch Mediziner und Techniker zusammen? Welche Möglichkeiten zur Kooperation gibt es? „Als zentrale Schnittstelle zwischen Wirtschaft, Medizin und Wissenschaft dient der Medizintechnik-Cluster der oberösterreichischen Wirtschaftsagentur Business Upper Austria“, erklärt Mack. Es gebe rund 235 Partner im Bereich der Medizintechnik. Diese gilt es zusammenzuführen, um gemeinsame Projekte zu initiieren. 84 Projekte konnten bereits seit dem Bestehen des Clusters, 2002, umgesetzt werden. „Oberösterreich ist Vorreiter auf dem Gebiet Innovation durch Kooperation“, betont Mack. Um diese Vorrangstellung auch in Zukunft zu gewähren, gibt es die Initiative „MedTech.Transfer – business meets research“, die zum Ziel hat, Wirtschaft und Wissenschaft in der Medizintechnik zu vernetzen sowie den MedTech-Standort Oberösterreich langfristig auszubauen und zu stärken.“ Gefördert wird diese Initiative aus Mitteln des Landes Oberösterreich im Rahmen der Wachstumsstrategie für Standort und Arbeit. MedTech-Transfer sei jedoch nur einer von drei Themenschwerpunkten, die der Cluster fokussiert. Mit MedTech werden Start-ups und bereits bestehende Unternehmen beim Ein- und Umstieg in die Medizintechnik unterstützt, MedTech.IT mit der Initiative Digital Medtech soll helfen, Medizintechnik- und IT-Unternehmen zusammenzuführen und durch die Bündelung von Kernkompetenzen neue Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle zu entwickeln. Weiters gibt es eine besondere Kooperation mit Bayern, das nicht nur aufgrund der geographischen Lage, sondern auch wegen der inhaltlichen Anknüpfungspunkte mit Oberösterreich dafür prädestiniert sei, unterstreicht Mack. In Oberösterreich habe man mit der Gründung der Medizinischen Fakultät in Linz sowie durch das Kepler Universitätsklinikum den Medizinstandort Oberösterreich weiter ausgebaut. Bayern diene speziell mit dem Medical Valley Erlangen in diesem Bereich als Vorbild, weshalb bereits im Vorjahr Maßnahmen getroffen wurden, um diese Kooperation beider Seiten auch in Zukunft zu stärken.
"Oberösterreich ist Vorreiter auf dem Gebiet „Innovation durch Kooperation“."
Nora MackCluster-Managerin, Medizintechnik-Cluster
Das geht unter die Haut
Technische Innovationen können ebenso helfen, langwierige Untersuchungen oder komplizierte Eingriffe zu vermeiden. Um Herzrhythmusstörungen aufzuzeichnen, wird beispielsweise ein kleiner Rekorder einfach unter die Haut gespritzt, wo er drei Jahre lange bleibt, Daten aufzeichnet und diese an das jeweilige Spital sendet. Nur zwei Gramm wiegt dieses Implantat, das unter örtlicher Betäubung eingesetzt wird und bereits seit einigen Jahren mit großem Erfolg unter anderem am Krankenhaus der Elisabethinen in Linz Anwendung findet. Nicht nur relativ einfach anwendbare Methoden zur Überprüfung des Herzrhythmus, sondern auch komplexe chirurgische Eingriffe am Herzen können mithilfe technischer Innovationen durchgeführt werden. Dank minimal-invasiver Eingriffe erfolge dies deutlich schonender, äußert sich Dietbert Timmerer, Geschäftsführer des Klinikums Wels- Grieskirchen. Somit sei es bei vielen Operationen am Herzen nicht mehr notwendig, den Brustraum zu öffnen. „Auch im onkologischen Bereich könne man von der Verbindung Medizin und Technik profitieren, indem Tumorstrukturen passgenau behandelt werden.“ Die Vorteile liegen dabei, so Timmerer, in der Sicherheit und der Komplikationsarmut. Bereits seit 2010 wendet das Klinikum mit der roboterassistierten Chirurgie eine moderne und schonende Technologie an. Die Möglichkeiten seien dabei vielfältig. „Wir führen im Klinikum Wels-Grieskirchen jährlich 300 roboterassistierte chirurgische Eingriffe in den Bereichen Urologie, Gynäkologie, Allgemeine Chirurgie und Herz-Thorax-Chirurgie durch.“
Welche Hilfe uns in Zukunft noch erwarten wird, steht in den Sternen. Fest steht jedoch, dass unser Gesundheitssystem auf den demographischen Wandel, knappe finanzielle Ressourcen und neue Generationen von Patienten und Mitarbeitern mit spezifischen Wünschen und Anforderungen reagieren muss und wird. Dies bestätigt auch Timmerer: „Die Zukunft wird sicherlich weitere Entwicklungen der Technik in fast allen Bereichen mit sich bringen und uns neue Möglichkeiten eröffnen.“
"Wir führen im Klinikum Wels-Grieskirchen jährlich 300 roboterassistierte chirurgische Eingriffe durch."
Dietbert TimmererGeschäftsführer, Klinikum Wels-Grieskirchen
Erfolgreiche Beispiele für die Symbiose von Medizin und Technik
„recoveriX“ und „mindBEAGLE“_ Das Unternehmen G.tec entwarf diese revolutionären Modelle, die es ermöglichen, Menschen mit Schlaganfall zu therapieren oder mit Komapatienten zu kommunizieren.
„careCLICK“_ Das Notrufsystem „careCLICK“ bietet rasch erste Hilfe in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern oder auch bei Privatpersonen und wurde von der Firma X-Net Services entwickelt.
Diary App_ Dieser „persönliche Coach“ wurde von den Unternehmen „Autonom Talent“ und „Netural Group“ entworfen und kümmert sich um die psychische sowie physische Verfassung von Mitarbeitern.
Cinematic Rendering_ Die von Siemens Healthcare neu entwickelte Software ermöglicht es, den menschlichen Körper dreidimensional zu visualisieren.
Virtual Aneurysm_ Das Unternehmen Risc Software entwickelte gemeinsam mit der Landesnervenklinik Wagner-Jauregg, dem AKH und der Firma Aesculap einen Simulator zum Training angehender Neurochirurgen. Dabei kann am simulierten offenen Schädel geübt werden.